Sehr oft steht meinen Schüler die Aussage: “Was? Umlernen? Das geht doch nicht!”, im Weg, damit sie zu ihrem vollen Potenzial kommen.
Daher möchte ich heute einen Beitrag mit Euch teilen, in dem ich dieser Fehlannahme den Zahn ziehe. 🦷😉
Ja, es geht!
Alle, die sich schon mal was verdrehtes eingelernt haben, wissen, dass das Umlernen im ersten Moment wie ein unüberwindbares Hindernis wirken kann. Es gibt einen Schlüssel, mit dem diese Fähigkeit jedem möglich ist.
Dieser besteht aus den Komponenten…
- Fehlerakzeptanz,
- Ruhe & Abstand,
- Auditives Gedächtnis und
- Qualität vor Quantität, …
… die wir uns im Folgenden näher ansehen.
Fehlerakzeptanz
Niemand ist unfehlbar! Im Gegenteil gehören (meiner Meinung nach) Fehler zum Lernen untrennbar dazu! Wer weiß, wie es nicht geht, kommt seinem Ziel zwangsweise immer näher!
Kurz in Erinnerung schwelgend: Ich war keine Musterschülerin im Musikunterricht, wie ich von meinem Lehrer damals öfters zu hören bekam. Gerade weil ich mir unzählige Lieder mit Fehlern einlernte, kann ich heute sehr erfolgreich unterrichten! Denn ich kenne unzählige Varianten, wie es nicht geht, erkenne die Anzeichen und Lösungen.
Das Wort “Fehler” bedeutet lt. seinem Wortstamm, dass etwas fehlt! Nicht jedoch, dass alles gänzlich falsch war. Wertschätzt Eure harte Arbeit und investierte Zeit! Ihr seid noch nicht ganz am Ziel, und das ist in Ordnung! Super gemacht!!
Vielen fällt die Selbstwertschätzung und Anerkennung der eigenen Leistung schwer. Dabei kann besonders der nächste Faktor helfen:
Ruhe & Abstand
Sofort das Erlernte wieder und wieder umzulernen ist womöglich nicht der ideale Ansatz. Bei manchen funktioniert’s, bei anderen überhaupt nicht.
Wenn’s nicht mehr geht, lege ich mit meinen Schülern manchmal eine “Pause” vom Titel ein. Sie gestaltet sich so lange wie es braucht, damit das Lied beinahe in Vergessenheit gerät. Währenddessen wähle ich einfachere, beschwingte Literatur aus, um Abstand von der leidigen Erfahrung zu gewinnen.
Ist die Stimmung gut und das Lied vergessen, suche ich für den Unterricht ein Stück mit ähnlichem Melodiemuster & Schwierigkeitsgrad (womöglich etwas einfacher) aus und gehe beim Erarbeiten sehr behutsam vor. Hat der Schüler dieses Lied gemeistert, machen wir uns an die Wiederholung des “Angst-Titels” – meist mit überragendem Erfolg.
Auditives Gedächtnis
Wenn mangels Lehrer & Erfahrung die richtige Lied-Auswahl nicht getroffen werden kann, empfehle ich das Lied nach dem “Vergessen” erst anzuhören in einer Version, die der eigenen möglichst ähnelt.
Das empfiehlt sich besonders, wenn man eine Phrase fehlerhaft erlernt und dadurch die Melodie “falsch im Ohr” hat. Mittels aufmerksamem Anhören biegt man so die eigene Vorstellung gerade. Erst, wenn diese dem tatsächlichen Melodieverlauf entspricht, kann wieder mit dem Üben begonnen werden.
Hier gilt das Motto: Bitte mit Kopfhörer! Denn es ist lt. meiner Erfahrung tatsächlich ratsam, das Lied sehr oft hintereinander zu hören! Um unsere Mitmenschen zu schonen sind Kopfhörer das Accessoire der Wahl. 😉
Qualität vor Quantität
Los geht’s wieder mit der Überei! “… aber zach ist das!”, hör ich dann hin und wieder.
Ja, es fühlt sich in diesem Stadium manchmal so träge an, als würde man wieder ganz von vorne beginnen. Dem ist aber nicht so: Man ist wesentlich schneller!
Es fühlt sich nur schwerfällig und langsam an, weil man sich sehr tiefgehend mit der Notation auseinandersetzt und durch die vorherige Erfahrung eher auf die Qualität des Ergebnisses achtet.
Viele Lernende “hören” den eigenen Fortschritt daher nicht. Erst das Feedback vom Lehrer bescheinigt dann den Quantensprung ( … und ja, das sind fast ausnahmslos RIESIGE Sprünge, die die Musikanten in dieser Erfahrung machen!!!).
Tipp: Wer’s selber hören will, lernt’s auswendig & spielt’s mit geschlossenen Augen.
Fazit
Ich habe in meiner Laufbahn als Musikerin unzählige Titel umgelernt, anders zusammengestoppelt, eingespielte Abläufe nach Bedarf verändert, etc. mit dem Ergebnis, dass mein Repertoire, Ausdruck, Vortrag, … also meine musikalischen Fähigkeiten immer noch besser wurden!
Also scheut Euch nicht auch mal was umzulernen! Wenn Ihr’s mit genügend Gefühl für Euch selber und Eure Art zu Lernen angeht, kann das bisher noch ungeahnte, positive Wirkung auf Eure Musik haben!
Wie siehst Du das?
Welche Erfahrungen hast Du mit dem Umlernen?
Wie hast Du es gemacht?
Lass uns wissen, wie es Dir dabei ging. Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!